So organisierst Du ein Straßenfest

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Um so konkret wie möglich zu sein, beschreibe ich das Vorgehen für unser Straßenfest in Bonn. In anderen Städten wird das ähnlich funktionieren.

Ich nenne auch konkrete Produkte/Dienstleistungen. Das sind Beispiele, damit Du es möglichst einfach hast. Dieser Post ist nicht gesponsert.

Note: This is the German version of How to organize a Street Festival

Stell Dein Team zusammen

Unser Team bestand aus 7 Personen: 4 im Kernteam für die Planung und Vorbereitung, und 3 weitere im erweiterten Team, die beim Straßenfest selbst geholfen haben (Aufbau, Lösen von spontanen Problemen, Abbau, Aufräumen, …)

Als Initiator ist es Dein Privileg und Deine Verantwortung das Straßenfest zum Leben zu erwecken. Sei also energetisch, entschlossen und positiv!

Der Ablauf

Es gibt 6 Schritte zum Organisieren eines Straßenfestes:

  1. Termin und Ort festlegen
  2. Behördliches klären
  3. Fest planen
  4. Nachbarn informieren
  5. Fest durchführen
  6. Nachbereitung

Okay, los geht’s!

1. Termin und Ort festlegen

Das Fest wird sehr wahrscheinlich in Deiner Straße stattfinden. Wähle einen ruhigen Straßenabschnitt, in dem es Spaß machen kann zu verweilen (statt nur hindurchzugehen). Sackgassen eignen sich besonders gut.

Der ideale Termin ist samstags (damit Du Dich Sonntag erholen kannst); in der Warmwetter-Saison; und die ideale Zeitspanne sind 4-5 Stunden. Weniger Zeit kann gehetzt wirken, und bei mehr verteilen sich die Besucher zeitlich zu sehr. Dann fühlt sich das Fest möglicherweise nicht lebendig an.

Beachte außerdem die Nachtrufe: Ab 22 Uhr möchten Deine Nachbarn nicht gestört werden.

2. Behördliches klären

Weil Du öffentlichen Raums nutzt, brauchst Du die Erlaubnis Deiner Stadt. Die Stadt wird Dich sehr gerne dabei unterstützen. Du tust schließlich etwas für die Gemeinschaft. Sie möchten, dass Dein Straßenfest funktioniert!

Hier ist zB die Webseite für Straßenfeste in Bonn. Um die Erlaubnis der Stadt zu bekommen, musst Du das dortige Formular ausfüllen und zeigen, dass Deine Nachbarn das Straßenfest unterstützen. Dafür sammelst Du Unterschriften. Wir haben dafür diese simple Liste benutzt.

Um Unterschriften zu sammeln kannst Du entweder die Liste an Haustüren hängen (“Hi! Straßenfest! Bitte unterzeichne!”), oder bei Nachbarn persönlich klingeln. Ich empfehle stark den persönlichen Weg zu gehen. Nachbarn werden eine unpersönliche Liste tendenziell nicht unterzeichnen, vor allem wenn das das erste Straßenfest ist und/oder Du nicht bekannter bist.

Wir haben etwa 3-4 Stunden gebraucht, um bei ca. 100 Wohnungen zu klingeln und haben ca. 30 Unterschriften gesammelt. Nur zwei Nachbarn wollten nicht unterschrieben. (Die anderen waren nicht zu Hause.)

Als Nächstes musst Du eine Veranstaltungshaftpflicht abschließen. Das ist wichtig, damit Du abgesichert bist, falls etwas wirklich schiefläuft. Wie bei allen Versicherungen deckt die Veranstaltungshaftpflicht Schäden bis zu einem Maximalbetrag (“Deckungssumme”) ab. Höhere Deckungssummen sind entsprechend teurer. Wähle also eine Deckungssumme und einen Preis, mit denen Du Dich gut fühlst. Wir haben eine Deckungssumme von 5 Mio. € gewählt und 112€ bezahlt.

Ich kann unsere Veranstaltungshaftpflicht nicht verlinken, weil sie nicht mehr angeboten wird. Aber eine Google-Suche nach “Veranstaltungshaftpflicht” zeigt Dir genug Anbieter.

Du brauchst außerdem Material, um den relevanten Teil der Straße abzusperren. Achte darauf, dass für Verkehrsteilnehmer klar ist, dass die Straße gesperrt ist. Dh nicht nur ein aufgestelltes Schild oÄ, sondern eine echte Absperrschranke. Du kannst regionale Umzugsfirmen fragen, ob Du welche ausleihen kannst.

3. Fest planen

Ein gelungenes Straßenfest ist ein (temporäres,) gemeinsames, gemütliches Wohnzimmer unter freiem Himmel. Du brauchst Sitzgelegenheiten und Orte zum Entspannen, Essen und Getränke, und einige Aktivitäten zur Unterhaltung.

Erstelle am besten eine grobe Skizze deines Festes. So sah unsere aus (linkes Ende: Sackgasse):

Street Festival Map

Sitzgelegenheiten: Plane ausreichend Sitzmöglichkeiten ein – Stühle, Bierbänke, usw.

Aktivitäten: Biete Beschäftigung für alle Altersgruppen. Für Kinder hatten wir Straßenkreide und eine Hüpfburg. Für Erwachsene gab es Schach, Tischkicker und Brettspiele. Für Senioren hatten wir genügend Platz zum Sitzen und Unterhalten eingeplant.

Für besondere Aktivitäten wie die Hüpfburg kann die Stadt helfen. Die Stadt Bonn verleiht beispielsweise Spielgeräte. Frag alternativ bei Vereinen, politischen Parteien, religiösen Einrichtungen oder Kneipen nach. Vielleicht haben sie coole Sachen, die Du ausleihen kannst.

Atmosphäre: Dekoriere die Straße gemütlich. Wir hatten Wimpelketten aufgehängt und mit einer großen Musikbox (ausgeliehen von einer lokalen Band) Hintergrundmusik gespielt.

Essen: Bitte deine Nachbarn, etwas mitzubringen. Die meisten machen das sehr gerne. Es wird eher zu viel als zu wenig Essen da sein!

Getränke: Du hast zwei Möglichkeiten: selbst einkaufen oder einen Caterer beauftragen. Caterer sind teurer, erleichtern aber den Transport und stellen eventuell Kühlschränke. Selbst einkaufen ist günstiger, bedeutet aber mehr Aufwand – besonders bei der Kühlung.

Wir hatten einen Caterer, mit dem alles super geklappt hat, würden aber aus Kostengründen beim nächsten Mal selbst einkaufen. Wichtig in beiden Fällen: Handle einen Kauf auf Kommission aus. Dh Du zahlst nur die verbrauchten Getränke, der Rest geht zurück.

Strom: Frage einen Nachbarn, ob Du seinen Strom nutzen darfst. Lies den Zählerstand vor und nach dem Fest ab und erstatte die Kosten. Alternativ könnt ihr vorher ausmachen, dass der Strom eine Spende zum Straßenfest ist (und Du daher keine Geldspende erwartest).

Toiletten: Mobile Toiletten sind nicht nötig, weil Nachbarn ihre eigenen Toiletten nutzen können.

4. Nachbarn informieren

Informiere deine Nachbarn über das Fest. Ziele sind: Sie zum Kommen motivieren, zum Mitmachen animieren und sicherstellen, dass Autos während des Festes woanders geparkt werden.

Wir hatte 5 Kontaktpunkte:

  • 5 Wochen vorher - Mit Kreide auf die Straße geschrieben (Datum, Uhrzeit, unsere Namen, Kontakt)
  • 4 Wochen vorher - Persönlicher Besuch, um Unterschriften zu sammeln. Falls Nachbarn Begeisterung gezeigt haben, haben wir sie ins Team eingeladen.
  • 3 Wochen vorher - Flyer verteilt (Zeit/Ort/Mitbringwünsche/Kontakt). Ein Flyer pro Haushalt. Hier unser Flyer als Beispiel
  • 1 Woche vorher - Erneute Kreidenotiz (“Nächste Woche Straßenfest!”)
  • 1 Woche vorher - Kleiner Erinnerungszettel fürs Umparken. Ein Zettel pro Haus (nicht Haushalt).

5. Fest durchführen

Der große Tag! Plane 3 Stunden für die Vorbereitung: Straße absperren, dekorieren, Musik einrichten, Sitzgelegenheiten aufstellen, Spielgeräte aufbauen. 3 Stunden wirken lang, aber es werden immer unerwartete Probleme auftreten, und Du möchtest genug Zeit haben diese zu klären.

Bei uns hat zB der Strom nicht funktioniert, und wir mussten spontan einen anderen Nachbar überzeugen uns Strom zu liefern. Außerdem waren einige Autos nicht umgeparkt, und der Aufbau der Hüpfburg hat viel länger gedauert als erwartet.

Zu Beginn des Festes trudeln die Gäste nach und nach ein – das ist normal. Lass dich nicht entmutigen, wenn es anfangs noch etwas leer wirkt. Bleib positiv und begrüße jeden Neuankömmling persönlich. Viele Nachbarn kennen sich noch nicht untereinander. Als Gastgeber ist es deine Aufgabe, sie willkommen zu heißen und miteinander bekannt zu machen.

Stelle außerdem eine Spendenbox auf und kontrolliere gelegentlich wie viele Spenden bislang da sind. Falls sich abzeichnet, dass die Spenden die Kosten nicht decken werden können, ist es absolut in Ordnung eine Ansage zu machen und um Spenden zu bitten. Deine Nachbarn werden vollkommen verstehen, dass Du/Dein Team nicht auf den Kosten sitzen bleiben willst/wollt.

6. Nachbereitung

Es ist geschafft, gratuliere!! Räume die Straße wieder auf (Deine Nachbarn helfen wahrscheinlich), gib Leihgaben zurück und bringe übrige Getränke zum Händler.

Finanzen

Falls Du keinen Sponsor hast (hatten wir auch nicht) musst du zunächst in Vorleistung gehen und die Kosten über Spenden wieder einholen. Bei uns hat das nicht ganz geklappt: Wir haben 500€ ausgegeben und 260€ Spenden erhalten, mussten also 240€ selbst tragen. Beim nächsten Mal würden wir (i) Getränke selbst kaufen, statt Catering zu beauftragen, (ii) weniger für Flyer ausgeben und (iii) das Organisationsteam fragen, ob sie die Kosten teilen möchten. Damit solltest Du die Kosten komplett decken können, oder zumindest auf 20€ pro Person im Kernteam kommen.

Hier eine Auflistung unsere Kosten.

Risikovorsorge

Medizinisch: Ihr solltet einen groben Plan für medizinische Notfälle haben, dh Erste-Hilfe-Kasten haben und im Besten Fall einen medizinischen Ansprechpartner im Team. Wir hatten das Glück, dass wir im Team eine Ärztin hatten, die sich das übernommen hat.

Wetter: Bei schlechtem Wetter kann das Fest leider nicht stattfinden. Dieses Risiko lässt sich nicht vermeiden, aber ein Termin in der warmen Jahreszeit minimiert es zumindest.


Das war’s! Das war’s! Hier findest Du eine Zusammenfassung in Form einer Checkliste.

Du kannst mir gerne schreiben, falls Du Fragen hast: umer.hayat.adil@gmail.com. Und falls Du ein Straßenfest in Deutschland organisiert und Hilfe brauchst (zB bei Organisation, Sponsoring, …), melde Dich! Ich werde mein Bestes geben, um Dich zu unterstützen.

Du packst das!

- Umer